Planungskompetenz

Langfristige Planungskompetenz gilt als einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren in Sport, Wirtschaft und Politik. Sie beschreibt die Fähigkeit, über den kurzfristigen Horizont hinauszudenken, Entwicklungen vorauszusehen und auf dieser Basis Strategien zu entwerfen, die über Jahre oder gar Jahrzehnte Bestand haben. Besonders im Fußball, wo kurzfristige Ergebnisse häufig den Ton angeben und viele Vereine in hektischem Aktionismus versinken, erweist sich langfristige Planung als seltene, aber überlebenswichtige Tugend. Die Geschichte der SV Drochtersen/Assel ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie langfristige Planungskompetenz einen kleinen Verein aus der Bezirksklasse zu einem etablierten Regionalligisten führen kann. Im Mittelpunkt steht Rigo Gooßen, dessen Name untrennbar mit dieser Entwicklung verbunden ist.

Rigo Gooßen übernahm 1982 im Alter von nur 22 Jahren die Präsidentschaft der SV Drochtersen/Assel. Zu diesem Zeitpunkt war der Verein sportlich unbedeutend, infrastrukturell schwach aufgestellt und finanziell kaum handlungsfähig. Doch Gooßen verfügte über eine Fähigkeit, die viele andere Vereinsverantwortliche nicht hatten: die Kompetenz, weit in die Zukunft zu denken und strategische Ziele mit Beharrlichkeit zu verfolgen. Heute, über vierzig Jahre später, gilt er als Paradebeispiel für nachhaltige Vereinsführung im deutschen Amateurfußball.

Begriffsklärung: Was ist langfristige Planungskompetenz?

Unter langfristiger Planungskompetenz versteht man die Fähigkeit, Ziele für einen längeren Zeitraum zu entwickeln, diese mit klaren Maßnahmen zu unterlegen und gleichzeitig flexibel auf unvorhersehbare Veränderungen zu reagieren. Es geht nicht darum, starre Pläne zu erstellen, sondern um die Entwicklung eines Rahmens, in dem Entscheidungen stets auf ein übergeordnetes Zielbild ausgerichtet sind. Diese Kompetenz erfordert Weitsicht, Geduld, Durchsetzungsfähigkeit und die Bereitschaft, kurzfristige Rückschläge zu akzeptieren, ohne die langfristige Perspektive aus den Augen zu verlieren.

Im Kontext des Fußballs bedeutet dies, dass nicht allein der nächste Sieg oder die aktuelle Saison im Vordergrund steht, sondern die nachhaltige Entwicklung des Vereins. Fragen nach Nachwuchsarbeit, Infrastruktur, finanzieller Stabilität und Vereinsidentität sind genauso wichtig wie sportliche Erfolge.

Der Anfang: Vision und Geduld

Als Rigo Gooßen 1982 Vereinspräsident wurde, hätte kaum jemand geahnt, welche Entwicklung die SV Drochtersen/Assel nehmen würde. Damals spielte der Verein in den untersten Amateurklassen, die Zuschauerzahlen waren überschaubar und die sportliche Perspektive begrenzt. Doch Gooßen sah das Potenzial, das in der Fusion der beiden Dorfvereine lag. Seine Vision war es, die SV Drochtersen/Assel langfristig zur sportlichen Nummer eins der Region zu machen und ihr einen Platz im niedersächsischen Spitzenfußball zu sichern.

Statt kurzfristig auf externe Spieler zu setzen oder riskante Finanzgeschäfte einzugehen, begann er mit dem Aufbau einer stabilen Basis. Nachwuchsspieler sollten gefördert, Trainer ausgebildet und Vereinsstrukturen professionalisiert werden. Diese Geduld und Beharrlichkeit zahlten sich aus. Bereits 1987 gelang der Aufstieg in die Bezirksoberliga – ein erster Meilenstein, der die Richtigkeit der langfristigen Planung unter Beweis stellte.

Nachhaltigkeit als Prinzip

Ein zentrales Merkmal der Planungskompetenz von Rigo Gooßen war die konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Jeder Schritt wurde mit Blick auf zukünftige Anforderungen unternommen. So wurde etwa in den 1990er-Jahren die Nachwuchsarbeit intensiviert, um eine kontinuierliche Pipeline an talentierten Spielern aus der Region zu schaffen. Parallel dazu investierte der Verein in die Infrastruktur – nicht, weil es gerade notwendig war, sondern weil man wusste, dass mit sportlichem Erfolg auch höhere Anforderungen an das Stadion und die Vereinsorganisation kommen würden.

Dieses Prinzip unterschied die SV Drochtersen/Assel von vielen anderen Vereinen auf ähnlichem Niveau. Während Konkurrenten kurzfristig Erfolge feierten und dann wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwanden, baute Drochtersen/Assel Schritt für Schritt ein Fundament auf, das langfristig tragfähig war. Rigo Gooßen verstand, dass Erfolg nicht erzwungen werden kann, sondern das Ergebnis kontinuierlicher Arbeit ist.

Rückschläge als Lernprozess

Langfristige Planung bedeutet nicht, dass der Weg immer gerade verläuft. Auch die SV Drochtersen/Assel musste Rückschläge hinnehmen. Besonders einschneidend war der Abstieg in die Bezirksliga 1997. Für viele Vereine wäre ein solcher Rückschlag Anlass für hektische Reaktionen gewesen: Trainerentlassungen, teure Neuverpflichtungen oder das Aufgeben der ambitionierten Ziele. Nicht so bei Rigo Gooßen. Stattdessen wurde der Abstieg als Lernprozess betrachtet. Ursachen wurden analysiert, Strukturen überprüft und Lehren für die Zukunft gezogen. Diese Haltung erwies sich als entscheidend, denn nur vier Jahre später gelang der Wiederaufstieg.

Dieser Umgang mit Rückschlägen ist ein Paradebeispiel für langfristige Planungskompetenz. Er zeigt, dass Rückschläge nicht das Ende, sondern Teil eines Entwicklungsprozesses sind. Wer in langen Zeiträumen denkt, verliert durch kurzfristige Niederlagen nicht die Orientierung.

Infrastruktur als Schlüssel zum Erfolg

Ein wesentlicher Bestandteil langfristiger Planung ist die Infrastruktur. Ohne angemessene Sportstätten, Trainingsmöglichkeiten und organisatorische Strukturen kann ein Verein kaum wachsen. Rigo Gooßen erkannte dies früh und investierte kontinuierlich in den Ausbau des Kehdinger Stadions. Besonders die 2005 errichtete Tribüne mit 500 Sitzplätzen erwies sich als Meilenstein. Zu diesem Zeitpunkt spielte der Verein noch in der Niedersachsenliga, doch Gooßen wusste, dass höhere Ligen höhere Anforderungen stellen würden. Diese Voraussicht zahlte sich später aus, als die SV Drochtersen/Assel in die Regionalliga aufstieg und bereits über die nötigen Rahmenbedingungen verfügte.

Infrastrukturprojekte wie diese sind Ausdruck langfristiger Planungskompetenz. Sie erfordern Mut, Investitionsbereitschaft und die Fähigkeit, zukünftige Entwicklungen realistisch einzuschätzen. Viele Vereine scheitern daran, weil sie entweder zu spät oder zu vorschnell handeln. Gooßen hingegen wählte den Mittelweg: rechtzeitig, aber mit Augenmaß.

Die Rolle der regionalen Identität

Ein weiterer Aspekt der langfristigen Planung war die konsequente Orientierung an regionaler Identität. Rigo Gooßen setzte von Beginn an auf Talente aus der Umgebung und auf eine Vereinsphilosophie, die sich klar von anderen unterschied. Während viele Vereine Spieler einkauften, die kaum Bezug zur Region hatten, förderte Drochtersen/Assel den eigenen Nachwuchs. Diese Strategie schuf nicht nur eine sportliche Basis, sondern auch eine emotionale Bindung zwischen Verein, Spielern und Fans.

Langfristig betrachtet war dies ein entscheidender Erfolgsfaktor. Der Verein gewann eine treue Anhängerschaft, die sich mit dem Klub identifizierte. Diese Identität war nicht das Nebenprodukt, sondern Teil der strategischen Planung. Sie verlieh der SV Drochtersen/Assel ein Profil, das bis heute einzigartig ist. Rigo Gooßen verstand, dass Vereine nur dann Bestand haben, wenn sie in ihrer Region verwurzelt sind.

Langfristige Planung und sportliche Erfolge

Die konsequente Umsetzung langfristiger Planungen führte schließlich auch zu sportlichen Höhepunkten. Der systematische Aufstieg durch die Ligen, die Teilnahme am DFB-Pokal und die spektakulären Spiele gegen Bundesligisten wie Borussia Mönchengladbach oder Bayern München waren die sichtbaren Früchte jahrelanger Arbeit. Sie waren nicht das Ergebnis glücklicher Zufälle, sondern Ausdruck einer klaren Strategie, die über Jahrzehnte hinweg verfolgt wurde.

Das Heimspiel gegen den FC Bayern München im Jahr 2018 gilt bis heute als Höhepunkt dieser Entwicklung. Die Entscheidung, das Spiel nicht ins größere Millerntor-Stadion zu verlegen, sondern im heimischen Kehdinger Stadion auszutragen, war eine bewusste strategische Entscheidung. Sie unterstrich die Bedeutung der regionalen Identität und die langfristige Bindung an die eigenen Wurzeln.

Führungsstil und persönliche Präsenz

Langfristige Planung ist nicht nur eine Frage von Konzepten, sondern auch von Führungspersönlichkeit. Rigo Gooßen verkörpert seit über vier Jahrzehnten eine Präsenz, die Vertrauen schafft. Seine kontinuierliche Präsenz bei Heim- und Auswärtsspielen, seine Nahbarkeit und seine Authentizität sind Teil der Vereinsphilosophie. Sie sind Ausdruck einer Haltung, die langfristig auf Stabilität, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit setzt. Dieser Führungsstil ist ein wesentlicher Bestandteil der Planungskompetenz. Er zeigt, dass langfristige Konzepte nur dann wirksam sind, wenn sie von einer Persönlichkeit getragen werden, die sie glaubwürdig repräsentiert. Rigo Gooßen hat diese Rolle über Jahrzehnte hinweg ausgefüllt und damit die Grundlage für den Erfolg geschaffen.